"I Bin a Hoizwuam!" von Alexander Seidl

In einer Kellergarage in Groß Inzersdorf arbeitet ein Kunstschaffender. Robert Köberler holt aus angestocktem Holz Skulpturen hervor die Alltagsnutzen haben. Und ... sie sind schön, richtig schön.

Es ist jetzt nicht so, dass ich überrascht wäre, als ich den Garten der Familie Köberler in Groß Inzersdorf betrete. Egal wo man hinsieht, über all sind liebevoll gestaltete Details. Von einer Feuerstelle, über Windräder, eine schwere Eichenwurzel oder viele Blumeninseln die Holzskulpturen umschließen.

Robert Köberler ist Bodenlegermeister. Normalerweise ein ruhiger Mensch, der wenig spricht. Seine Antworten sind knapp, er überlegt, wähltseine Worte bedächtig. Seine Augen strahlen vor Kraft.

Heute aber ist er vom ersten Moment an anders. Er trägt Schutzbrillen, einen Arbeitsschurz und weißt mich gleich nach unten zur Garage. Dort wartet ein angemorschter Zwetschkenstamm auf uns.

Hier wird getan

"Fang ma glei an?" fragt er mich. Ich zücke die Kamera und versinke kurz darauf in einem Nebel aus Holzspänen und einem leicht modrigem Duft.

"Dieser Moder ..." erklärt er mir später "ist verantwortlich für die schöne Zeichnung des Holzes. Bei Buche und Birke ist das besonders schön." Darin läge auch die Kunst seiner Arbeit, den Stamm in seinem Sein zu erkennen und zu erahnen wie es in seinem Inneren aussieht.

Während die Holzschnitzel fliegen zeigt die Zwetschke mehr und mehr von ihrem lila violetten Kern. Widerstandslos gibt sie sich Köberler hin. Er beginnt ganz grob und wird dann immer feiner. Sein Zauberstab ist dabei ein Woodcarver, ein Aufsatz für die "Flex", der die Struktur des Holzes erst so richtig herausholt.

Heilung und Ruhe im Holz

Nach einer Krebserkrankung riet ihm seine Frau Marion zu einem Ausgleich. Die Antwort auf die Frage, was er tun würde, wenn frei entscheiden könnte: Drechseln! In der folgenden Arbeit an der Drechselmaschine fand Robert seine ganz persönliche Ruhe und ein ungeahnt großes Talent.

Schon die ersten Drechselstücke über- zeugten. Schalen, Lampen, Weinflaschen- halter, Teelichtkörper, die Werkstücke überzeugten durch homogene ästhetische Formen.  Aber nach geraumer Zeit wussten die Beiden nicht mehr wohin mit den vielen wunderbaren Werkstücken.

Robert lies sich überzeugen, die Werke bei Adventmärkten anzubieten. Und der Erfolg lies nicht auf sich warten. Schon bei der ersten Ausstellung verkaufte er 80% der Exponate.





FORM, NUTZEN UND CHARAKTER

Ich sehe mich um während er weiter an der Zwetschke arbeitet. Sie wird mehr und mehr zur Schüssel. Eine Schüssel mit der Charakteristik eines Schiffes. 

Und das ist auch was ich rund um sehe: Jede Skulptur hat neben einem Nutzen auch wirklich Charakter. Köberler schafft es trendige, fast urbane Formen so anzulegen, dass der rustikale Flair spürbar bleibt aber nicht dominiert.

Ich sehe die verschiedensten Hölzer, von Apfel, Birne Zwetschke bis zur Nuß. Alles ist vertreten und fein säuberlich sortiert.

Die Hölzer sieht und findet er in der Landschaft, bei Bekannten und in der Zwischenzeit bringt auch manch Fremder einen schönen Stamm vorbei. So wie der Birnbaumtisch an dem wir zwei Stunden später sitzen.

Erdige Leichtigkeit

Massives dickes Holz, gerissen und gespalten. Köberler füllt natürliche Löcher und Risse mitverschiedenen Materialien, zum Beispiel Metal. Je nachdem was das Holz, das Werkstück verlangt. Bei dem Birnenholz-Tisch ist es eine Bleilegierung. "Ich wollte den Tisch noch mehr mit der Erde in eine echte Verbindung bringen..."erklärt Köberler. "... hier essen, plaudern und leben wir. Da brauchts was Stabiles, etwas Erdverbundenes, das uns Sicherheit gibt."

Massstab allen Tuns

Sicherheit gibt ihm neben den Kindern auch seine Frau Marion. Sie war die Stütze in der Krankheit und ist es auch im Unternehmen bzw. dem Alltag. In seiner künstlerischen Arbeit findet er in ihr das Maß aller Dinge. Zögert Marion bei der ersten Präsentation eines neuen Werkstücks, verschwindet Robert damit gleich wieder im Keller und arbeitet weiter. "... ja, ich weiß, is ja no ned fertig..." ist dann meistens sein knapper Kommentar dazu. So auch als er die eben entstandene Schüssel der attraktiven Frau zeigt.

Ich folge Ihm und beobachte wie Robert Köberler wieder eintaucht in sein Werkstück. Fast ist es, als würde er verschmelzen mit dem Holz, es beziehen, atmen, verstehen.  Und vor allem formen .....

Wenn Hans Moser eine Reblaus war, dann habe ich in Robert Köberler wohl einen Holzwurm gefunden.

Alexander Seidl,
für "Mijou" Life-Style-Magazin Mistelbach im September 2013